Was, wenn wir die gesamte Stromversorgung in Deutschland auf Kernkraft umstellen würden? Kernenergie wäre doch eine stabile, klimafreundliche Lösung. Und für das Problem mit dem Atommüll gibt es mit Transmutationsanlagen auch eine Lösung. Oder nicht?
Ab Minute 09:56 wird eine Grafik gezeigt, in der CO2-Emissionen pro Kilowattstunde für verschiedene Stromerzeuger gelistet sind. Im Original ist die Grafik in diesem Artikel zu finden: https://www.dw.com/de/faktencheck-ist-atomenergie-klimafreundlich-was-kostet-strom-aus-kernkraft/a-59709250
Die Grafik listet für Kernkraft 117g CO2eq pro erzeugter Kilowattstunde Strom. Allerdings gilt diese Zahl nicht nur für die Emissionen bei der reinen Stromerzeugung. Berücksichtigt werden hier alle CO2-Emissionen und umgerechnet auch CO2-Äquivalente, etwa bei anderen Treibhausgasen, die im gesamten Lebenszyklus der Stromerzeugung anfallen. Das gilt auch für alle anderen Methoden der Stromerzeugung, die in der Grafik aufgeführt sind, ob Photovoltaik, Windkraft oder Kohle.
Verschiedene Studien listen über die Jahre immer wieder andere Werte für die CO2-Emissionen – und CO2-Äquivalent-Emissionen, CO2eq/kWh – durch Kernkraft.
Die zitierte Grafik im Video stellt durch die Auswahl verschiedener Stromerzeuger und der Angabe in Emissionen als CO2-Äquivalent pro kWh über den gesamten Lebenszyklus eine gute Vergleichbarkeit her. Die Zahlen liegen innerhalb der Spanne aktueller Studien. Es gilt dabei nie eine „absolute“ Zahl für die CO2-Emissionen, weder bei Kernkraft noch bei anderen Stromerzeugern, sondern immer eine Spanne mit gewisser Unschärfe, die auch über die Jahre veränderlich ist. Das hätte an dieser Stelle im Video deutlicher formuliert sein sollen.
Im Bericht “Energy Systems” des “Climate Change 2014”-Reports des IPCC werden die CO2-Emissionen für die Stromerzeugung mit Photovoltaik mit 18–180g CO2eq/kWh und mit Windkraft mit 7–56g CO2eq/kWh bzw. mit 2–81g CO2eq/kWh (je nach Studie) angegeben. Die Erzeugung von Strom mit Kernkraft liegt laut diesem Bericht bei 4–110g CO2eq/kWh.
Allerdings gibt das IPCC an, dass die großen möglichen Bereiche dieser Zahlen bei Kernkraft höchstwahrscheinlich am unteren Ende auf unvollständige Systeme und am oberen Ende auf schlechte lokale Bedingungen und/oder alte Technologien zurückzuführen sind.
Neuere Berichte, etwa „Nuclear energy - The solution to climate change?“, 2021 erschienen in Science (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0301421521002330), kommen bei der Kernkraft auf höhere Werte unter Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus inklusive Uranabbau und Bau neuer Kraftwerke unter strengeren Sicherheitsvorschriften. Die Spanne dieser Studie liegt bei 68–180g CO2eq/kWh.